Ungesund
Menschen an der Macht, die nicht in erster Linie dem Wohl dessen dienen, worüber sie mächtig sind, sind allgemein ungesund. Ebenfalls ungesund sind alle anderen Menschen, wenn sie ihr Gewissen zum Verstummen bringen. Angesichts der möglichen Anzahl der Zweitgenannten scheint mir von ihnen die grössere Gefahr für Ungesundes auszugehen.
Wann verpassen wir unserem Gewissen einen Maulkorb? Etwa wenn unser momentanes Wohlbefinden uns wichtiger erscheint als die Befolgung unserer persönlichen Wertmassstäbe. Wenn wir unserem Instinkt, unserer Intuition oder Überzeugung zuwider handeln, weil wir zu bequem sind oder Angst haben, damit gegen den Strom zu schwimmen. Weil wir harmoniebedürftig sind und gerne bei der Mehrheit mit dabei sind.
Oder weil wir uns selbst zu wenig vertrauen. Weil wir unser eigenes Leben zu gering schätzen, als dass diese eine kleine Stimme etwas zu sagen hätte. Weil uns Gehorsam und Unterordnung beigebracht wurde, und für die Entwicklung von Eigenverantwortung kein Platz übrig war. Und wir, anstatt die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, diese in andere Hände geben. Und wir stets auf fremde Stimmen und nicht auf die eigene Stimme horchen und gehorchen. Kein Wunder, wenn wir dann vieles hinnehmen, was wir eigentlich nicht so gut finden. Kein Wunder, wenn wir die Antworten und Verantwortungen abgeben. Kein Wunder, wenn uns dann vieles nicht mehr interessiert und wir uns nur noch um unser kleines Gärtchen kümmern.
Um noch kurz zu den Menschen zu kommen, die ihre Macht missbrauchen: Sie lieben es, ihre Fähigkeiten unter solchen Umständen auszuüben. Denn so sind wir sehr leicht zu führen und leisten kaum Widerstand. Geschehe doch was wolle, solange mir noch das Sofa und der Fernseher bleiben. Oder: Geschehe was sie wollen, denn sie sind diejenigen, die das Wissen und Können haben. Oder: Geschehe bloss nicht, wovor sie uns warnen, daher lassen wir sie mit uns machen.
Ungesund oder doch lieber etwas gesünder? Wir haben es in der Hand.